Eine kleine Entstehungsgeschichte
Schon zu Beginn meiner Pflegekarriere in der Psychotherapie/ Krisenintervention kam es zu einem Notfall durch eine starke Selbstverletzung einer Patientin.
Ich hatte Nachtdienst und es machte sich erforderlich die Patientin im Krankentransport zu begleiten, um in der Chirurgie/ Notaufnahme vorstellig zu werden. Meine Erinnerungen dazu beginnen bei starkem Schneefall im Transport, welchen wir durch das Fenster sahen und einer intoxikierten Patientin, welche sich schon mehrfach diese extremen Selbstverletzungen zugefügt hatte.
Angekommen in der Notaufnahme wurde uns gleich zugerufen: „Ach, mal wieder Nähzimmer!“
…und ich kam mit der Pat. in einen kleinen Not- Op- Raum. Die Patientin schlief immer wieder kurz ein, wir hatten unsere Mühe, dass sie auf dem Op -Tisch zum Liegen kam, gleichzeitig auch dort liegen blieb.
Als der behandelnde Arzt kam, die Patientin scheinbar schon kannte, sagte dieser: „Das wird ohne Betäubung genäht, denn „Die“ steht doch auf Schmerzen. Sie müssen nur ordentlich festhalten!“ So dann noch die Anleitung für meine Interventionen für ein erschreckendes Erlebnis.
Diese Nacht, das Erlebte hat mich tief getroffen. Natürlich war die Patientin außer sich, hatte starke Schmerzen und versuchte sich dem Nähen gegenüber, dem Arzt zu widersetzen, sie schlug sogar nach ihm! Ich geriet in die furchtbare Rolle einer Mittäterin und ich gab mir selbst das Versprechen, dass dies niemals wieder so passieren würde, in meiner Gegenwart.
Damals war ich noch sehr unerfahren, hatte einfach nicht den Schneid mich der Prozedur entgegenzustellen, doch es ist der Grundstein für diese jetzt entstehende Seite „Borderline- akut“.
Nie wieder werde ich diesbezüglich leise sein, es ertragen. Ich habe es auch zu jeder Zeit danach, auch konfrontativ angesprochen, wenn ich in eine ähnliche Lage gekommen bin.
Ich musste über die Jahre verstehen lernen, dass nicht nur die Patientin in Not war, dass auch der Arzt durch die ständige Wiederkehr der Patientin in Zweifeln steckte, aber auch das Personal ringsum dieses Falles, der nur eine kleine Eisbergspitze darstellt, keine Lösungsansätze für die Behandlung in solchen Akutsituationen hatte.
Über die Jahre hinweg, begegnete ich immer wieder Menschen die solche Lösungsansätze und Hilfestellungen in sich trugen, auch Therapieverfahren wie die DBT, sowie Schematherapie, auch VT, gaben mir die Idee etwas zu verändern und in die Welt hinaus zu tragen. Ärzte begannen mir von ihrer Situation zu erzählen und Andere brachten sich durch Ideenreichtum und Erfahrung ein, waren Ratgeber und sind jetzt Mitinitiatoren. Betroffene schrieben mir von ihren Erfahrungen, Ängehörige sprachen in vielen Borderlinetrialogen über ihre Hilflosigkeit, gleichzeitig waren alle mutig genug, Neues auszuprobieren, oder mehr verstehen zu wollen.
Dem ist nicht genug geschrieben! Durch die Unterstützung im Arbeitskreis „Borderline- akut“ ist es endlich möglich eine Seite zu gestalten, welche für Alle Menschen eine Hilfestellung bietet. Hier finden Ärzte einen Ansatz und Verständnis, es gibt Möglichkeiten für Betroffene und Angehörige, für Rettungssanitäter und Pflegepersonal.
Was könnte passieren?
- Verständnis, durch Empathie und Wertschätzung auf allen Seiten
- Weniger Drehtürpatienten (welche immer wieder mit gleichem Bild zurückkehren), dadurch gewonnene Zeit
- Die Möglichkeit von Heilung, und Unterstützung der Heilung durch Validation in solch extremen Situationen
- Menschlichkeit und Nachsicht